Mount Kenya - eindrückliches Erlebnis in Afrika

Mount Kenya Trekking 5. - 9. Januar 2002 - Hochgebirge und Naturerlebnis am zweit-höchsten Berg von Afrika - anstrengende, aber unvergessliche Erfahrung
Bericht über ein Abenteuer im Mount Kenya Massiv im Herzen des Schwarzen Kontinents, nur wenige Kilometer von der Äquator-Linie entfernt. Mount Kenya und das Hochland boten Momente der persönlichen Herausforderung, ein viele Eindrücke hinterlassendes Naturerlebnis zweier Gelegenheitswanderer und Kenya-Liebhaber. Einiges an Ausdauer und Durchhaltevermögen verlangt die Besteigung des Point Lenana, des dritthöchsten Gipfels am Mount Kenya ab. Das durften die Herkis, Jochen & Herlinde, am eigenen Leib erfahren. Resumé eines Trekking-Abenteuers der besonderen Art, dokumentiert von Herlinde Herkenrath.

Wir hatten es uns fest vorgenommen und es gab kein Zurück: Mount Kenya wird bestiegen! Mit diesem Vorsatz starteten wir nach mehr als drei Wochen Faulenzen an der Nordküste von Mombasa per Bahn nach Nairobi. Wer den bescheidenen Komfort und die Ohren schmerzende Transportmöglichkeit der Bahn in Kenya nicht scheut, für den ist dieser Transfer eine günstige Alternative. Aber erwarten darf man sich selbst in der gepriesenen "Erste Klasse" nicht allzu viel. Selten funktioniert der Ventilator und viel Platz hat man in den Abteilen beim Schlafen und für das Gepäck auch nicht. Zu diesem Zeitpunkt dachten wir nicht im geringsten daran, dass wir von unserer kläglich einmal wöchentlich antrainierten Fitness vom Herbst kaum noch Kondition, geschweige denn die nötige Muskelkraft in den Beinen für dieses Vorhaben mitbringen würden.

Am Bahnhof in Nairobi wurden wir bereits erwartet: Nach einer kurzen Besprechung im Büro der Travel Agency, die unseren Trip organisiert hatte, machten wir uns in einem klapprigen, halb verrosteten PKW zusammen mit unserem Guide auf ins grüne Hochland Kenyas. Es ist nicht jedermanns Sache, so zu reisen, deshalb empfiehlt es sich, bereits bei der Buchung festzulegen, welchen Reisekomfort man wünscht. Die erste Nacht verbrachten wir in einer einfachen Jugendherberge in der fruchtbaren Hochebene des Mount Kenya National Park. Im Youth Hostel gefiel es uns sehr, obwohl wir kein heisses Wasser zum Duschen vorfanden, das wir zu schätzen gewusst hätten nach der langen Fahrt und der vorangegangenen Nacht im Zug. Es gibt zum entsprechend höheren Preis natürlich auch komfortablere Unterkünfte, z.B. die Naro Moru River Lodge, aber wir liessen uns das Naturerlebnis und die Vorfreude nicht nehmen. In dieser Höhe, auf 2000 m, herrscht ein angenehmes Klima und selbst die Vegetation ist teilweise die gleiche, wie man sie aus den Alpen kennt. Irgendwie sah es aus, wie im Schweizer Hochland. Es überraschte uns deshalb auch nicht, dass uns der Herr des Hauses erzählte, dass dieses Anwesen früher einer schweizer Familie gehörte, die den Garten mit in der Schweiz beheimateten Blumen ausgestattet hatte. Nun pflegt der Verwalter den Garten. Und sein liebevolles Engagement sieht man!

Am nächsten Morgen brachen wir zum Naro Moru Park Gate auf. Der Weg war gut zu bewältigen und anfangs noch relativ flach. Bald nach dem Gate fingen die ersten Steigungen an. Wir legten an diesem Tag bereits unsere ersten 14 Kilometer zurück und bewältigten eine Höhendifferenz von 1000 m. Die für einen Anfangstag ziemlich lange Strecke merkte man aber meist nicht, denn die sich ständig anders präsentierende Vegetation und traumhafte Ausblicke lenkten uns ab. Dazu kam, dass unser Guide zwei berg- und kocherfahrene Träger für unseren Treck engagiert hatte, mit denen er diese Tour meistens unternimmt und die uns mit allen kulinarischen Leckerbissen verwöhnten, abgestimmt auf unsere Bedürfnisse (wir zogen vegetarisches Essen vor). Müde und etwas durchnässt erreichten wir auf 3000 Meter Höhe am Spätnachmittag nach einem kurzen Regen das Camp, die Met Station. Wir waren etwas enttäuscht, weil es in der Hütte, die wir ganz allein für uns hatten, zwar ein Cheminé gab, aber weit und breit kein Feuerholz. Da man sich aus dem Wald auch kein Holz holen durfte (Nationalpark-Regel), hatten wir die ganze Nacht damit zu tun, uns in den feuchten Kleidern und auf den modrigen Matratzen in unseren Schlafsäcken einigermassen warm zu bekommen.
Da half nur zusammenkuscheln und sich gegenseitig durch die Körperwärme etwas aufzuheizen. Auch das hervorragende Abendessen konnte uns nicht viel helfen - den Dampf des heissen Tees sah man in der regenwaldfeuchten Hütte durch das lichte Blechdach aufsteigen. Am nächsten Tag verliessen wird zeitig nach einem ausgiebigen Frühstück dieses feuchte und ungemütliche Berglager und machten uns durch verträumte Hochgebirgslandschaften mit dick vermoosten, gedrehten Bäumen auf zur nächsten Etappe. Bis wir dorthin kamen, durchquerten wir mehrere Vegetationszonen, die uns einerseits an die Berge daheim erinnerten, andererseits aber auch immer wieder eine völlig unbekannte Pflanzenwelt bot. Wir kamen aus dem Staunen nicht heraus, wie hoch manche Lobelien hier wachsen. Ob der interessanten Szenerie fiel uns der teilweise sumpfige und zudem ziemlich steile Weg gar nicht auf.

Auf 4300 Meter erreichten wir nach der Überquerung einer mit Murmeltieren bevölkerten steinigen Moorebene die höchstgelegene Lodge unterhalb des auch zu dieser Jahreszeit mit Schneefeldern bedeckten Mount Kenya. Die Teleki Lodge gehört zur Naro Moru River Lodge und ist als Basislager mit Stockbett-Schlafräumen ausgestattet. Die Naro Moru River Lodge - am Fusse des erhabenen Mount Kenya, in wundervoller Landschaft gelegen - ist übrigens ein Geheimtipp für erlebnisreiche Aktivferien. Bei dieser bekannten Lodge auf ca. 2000 Meter, beginnen die meisten Touren und Aktivitäten im Hochland rund um den Hausberg von Kenya. Klar kostet diese Lodge einiges mehr als das Youth Hostel, in dem wir untergebracht waren. Für uns stimmte jedoch die Wahl, die wir synchronischer Weise getroffen hatten.

Die Kälte nach dem Sonnenuntergang machte uns diesmal während dem Abendessen und der Nacht zu schaffen, in der wir nicht viel schlafen konnten. Das lag einerseits daran, dass wir um 2 Uhr morgens mit heissem Tee und Gebäck bereits zum Ansturm auf den Point Lenana im Bergmassiv des Mount Kenya geweckt wurden und andererseits an der Höhenkrankheit, die vor allem mir bereits seit ca. 3000 Metern Höhe arg zu schaffen machte. Ich nahm am Abend noch eine starke Kopfschmerztablette, aber meine Muskulatur wollte die Spannung einfach nicht loslassen. Mein Körper war doch vorwiegend an das Flachland gewohnt, mit dem dünnen Sauerstoff kam ich auf die Schnelle nicht zurecht. Auch war die bevorstehende Tour viel zu aufregend, als dass man an Schlafen denken konnte. Appettit hatte ich auch keinen, dafür ging es mir einfach zu miess. Unser Guide machte sich sichtlich Sorgen um mich, weil ich viel zu wenig Nahrung zur Energiegewinnung aufnahm. Würde mein Ehrgeiz grösser sein, als meine Kräfte, damit ich die Strapazen durchstehen konnte? Der Guide gab uns auf unsere Frage, warum man eigentlich mitten in der Nacht losmarschieren müsste, die Antwort, dass der Weg wesentlich leichter zu bewältigen sei, wenn man nicht sehen könnte, wie steil und wie lang er ist. Diese Aussage machte uns nicht gerade mutiger und entschlossener, aber sie stimmte tatsächlich. Ausserdem wollten wir zum Sonnenaufgang um etwa 6 Uhr auf dem Gipfel sein.

Wir schafften es nicht ganz, bevor die Sonne am wolken- und dunstverhangenen Horizont im Osten aufzusteigen begann. Bei der Austria Hut machten wir in klirrender Kälte und stürmischem Eiswind nur ganz kurz Halt, um den Fotoapparat zu zücken, bevor wir die letzten Höhenmeter zum Gipfelkreuz des Point Lenana hinaufkletterten. Hier half mir nicht etwa mein Mut oder die Trittsicherheit: Allein mein unbändiger Wille, so wie die anderen Berggeher, die uns bereits vom Gipfel entgegenkamen, auch den höchstmöglichen Punkt erreichen zu wollen, half mir, sicher diese Hürde zu überwinden. Bleich vor Kälte und mit gefrorenen Fingern oben angekommen, versuchten wir hinter einem Felsblock Schutz zu finden, damit unser Guide ein Foto von uns Gipfelstürmern machen konnte. So schnell es ging, machten wir uns an den Abstieg, bei dem wir zuerst über die rutschigen Felsen wieder hinunter zu klettern hatten.

Der weitere Weg erwies sich als um nichts einfacher. Die Knie hielten den Anforderungen auf den steilen, nie enden wollenden Geröllhalden des Vulkanhanges an der Rückseite des Mount Kenya bald nicht mehr stand und wir plagten uns, nicht bei jedem Schritt viele Meter kräfteraubend abzurutschen. Spätestens hier wurde mir klar, warum etliche der Berggeher, die uns begegnet waren, Stöcke dabei hatten. Die nächste Station, das auf 4280 m Höhe liegende Shiptons Camp, bei dem wir lediglich für ein Frühstück Halt machten, war bald in Sichtnähe, doch die Entfernungen in dieser Hochgebrigslandschaft sind kaum abschätzbar. So waren wir an diesem Tag schlussendlich bis auf wenige Pausen insgesamt 16 Stunden auf den Beinen, denn das abendliche Etappenziel, Old Moses Camp, lag am Ende einer weit entfernten, ausgedehnten Hochebene auf 3200 Meter Höhe.
Wir kamen völlig entkräftet, nur noch mühsam einen Fuss vor den anderen setzend beim Camp an, in dem unsere Begleiter schon das Essen fast fertig zubereitet hatten. Da half es uns auch nichts zu wissen, dass die zwei Träger den Gipfel umgehend, den direkten Weg hierher genommen hatten. Die letzten Stunden Wegs mussten wir uns selbst eingestehen, dass wir mindestens einen Tag mehr gebraucht hätten, um unserer Kondition entsprechend diese Trekkingtour einigermassen heil überstehen zu können.

Die letzten 14 Kilometer hinunter zum Sirimon Park Gate und dann weiter nach Nanyuki durften wir am nächsten Morgen in einem Jeep mitfahren: Unser Guide hatte unser körperliches Dilemma entsprechend reagiert und eine Mitfahrgelegenheit für sich, das ganze Gepäck und natürlich für uns zwei abgetrampelte Trekking-Teilnehmer organisiert. Wir hatten gegen diese Touränderung nichts einzuwenden, nein, nicht im Mindesten! Zu Fuss hätte ich es ohnehin nicht mehr weit geschafft: die Sohlen meiner Trekking-Schuhe hatten sich stillschweigend abgelöst und ich war unserem umsichtigen Guide mehr als dankbar, dass er an einem Marktstand in Nanyuki jemanden auftrieb, der mir meine Sohlen kurzerhand und für die weitere Fahrt gut haltend wieder festklebte.
Auf die Frage, ob wir den Mount Kenya nochmals besteigen würden, kamen wir beide einhellig zur Antwort: Nein. Aber jedem, der es wissen wollte, versicherten wir: Es war ein unvergessliches Abenteuer, das wir in unserer Erinnerung nicht missen wollten, auch wenn wir die darauf folgenden Tage unseres Kenya-Aufenthaltes um zehn Jahre älter aussahen.

Neben grandiosen Naturschauspielen haben wir besonders das Leben der Menschen im Hochland von Kenya eindrücklich gefunden. Die Arbeiten und der Tagesablauf unterscheiden sich doch wesentlich von denen in Dörfern nahe Mombasa, die man als Tourist in den Resorts am Indischen Ozean aber auch nur dann in Erfahrung bringt, wenn man sich für das Leben der Kenyaner interessiert und sich ausserhalb der Zäune und Mauern einer touristischen Anlage begibt. Auch die Pflanzen und Tierwelt sind klarerweise anders im Hochland, als in den belebten Küstengebieten mit tropischem Klima. Affen bekommt man hier wie dort immer wieder zu Gesicht. Sie sind sehr neugierig und hinter allem Essbarem her, sodass man während einer Trekking-Pause so manch überraschende Erfahrung machen konnte.

Bevor wir noch einmal an die Küste des Pazifischen Ozeans im Norden von Mombasa zurückkehrten, erholten wir uns auf einer wahrhaft eindrücklichen Safari im grandiosen Naturreservat des Samburu Game Park im Nord-Westen von Kenya, am Rande des vulkanischen Great Rift Valley von unseren Strapazen der vergangenen fünf Tage. Die Samburu-Safari-Tour, die wir als Kombination unseres Besuchs im Hochland von Kenya über das Touren-Büro in Nairobi ebenfalls vorausgebucht hatten, kann man wärmstens empfehlen. Die in dieser eindrücklichen Landschaft beheimateten, vielerorts schon nicht mehr anzutreffenden Wildtiere Afrikas, können auf bewusst rücksichtsvolle Weise beobachtet werden.
Die ebenfalls in diesem Gebiet beheimateten Massai trifft der Besucher nicht nur bei extra veranstalteten Sessions in der Lodge oder einem Safari Camp, sondern auch oftmals neben den zugegebener Massen nicht immer bequemen Strassen oder auf den täglichen Märkten in den Städten und Dörfern auf der Fahrt zum Samburu NP und zurück nach Nairobi. Uns erwartete in Nairobi die Rückreise mit dem Zug nach Mombasa, einer abschliessenden Rüttel- und Rumpeltour auf der doch recht lange dauernden Bahnfahrt zwischen den Safari Parks von Amboseli, Tsavo West und Ost.
Boys & Girls in Little Angel School Mount Kenya Massiv Bar im Hochland von Kenya Kenya Birds Alpine Landschaft am Mount Kenya Lobelien und Jochen Gipfel des Mount Kenya Murmeltier bei Teleki Lodge Eiseskälte auf dem Point Lenana Afrikanerinnen Leopard im Samburu NP Erholung am Mombasa Nord Strand Massai Krieger, Mombasa

Massai Krieger am Strand von Mombasa
- Erholung nach Mount Kenya Trekking -
Bericht von Herlinde Herkenrath